In dieser Serie haben wir immer wieder betont, dass Equipment kein Training ersetzt und du nichts verwenden solltest, dass deinem Hund Unbehagen oder Schmerzen bereitet, um ein Verhalten zu reduzieren.
Gleichzeitig gibt es viele Hunde, die alleine aufgrund ihrer Stärke eine Gefahr darstellen können:
- für ihre Besitzer (verletzte Handgelenke, Verbrennungen von Leinen, Stürze, …)
- für sie selbst (wenn sie unter ein Auto geraten)
- für andere (gefährliche Begegnungen mit anderen Hunden/Menschen/Wildtieren)
In diesem Beitrag lernst du, wie du die Situation managen kannst während du (vorzugsweise mit einem kompetenten Trainer/einer kompetenten Trainerin) an dem Problemverhalten deines Hundes arbeitest.
Sicherheit
Du hast das Recht, dich sicher zu fühlen, wenn du mit deinem Hund spazieren gehst, ganz egal was für ein Problem er hat. Tatsächlich kannst du nur helfen, wenn du den
Trainingsherausforderungen mit Selbstsicherheit begegnest.
Das heißt allerdings nicht, dass du auf verbotene Hilfsmittel wie Würgehalsbänder etc. zurückgreifen solltest. Mehr dazu erfährst du hier.
Bevor wir über Equipment reden, dass das Ziehen reduziert, hier ein paar Tipps wie du dich und deinen ziehenden Hund schützen kannst:
- Sicherheitsgeschirr, aus dem dein Hund nicht ausbrechen kann
- Verwende Zwei Leinen: eine befestigst du oben am (Sicherheits-)Brustgeschirr, die andere am Brustring oder an einem Halsband – wichtig: Die zweite Leine ist nur für Notfälle und sollte immer locker sein, wenn kein Notfall vorliegt.
- Handschuhe: um Verbrennungen von der Leine zu verhindern.
- Ein Gürtel: du hältst die Leine zwar in den Händen, aber das End ist an einem Gürtel fest gemacht, um für zusätzlichen Halt zu sorgen.
- Rückdämpfer für deine Leine: dieser wird starke Kräfte für beide Seiten reduzieren und sowohl den Rücken deines Hundes als auch deinen entlasten.
Management, Management, Management
Oft wird die Bedeutung von Management während dem Training unterschätzt, oder es als Zeichen gewertet, das Training wäre nicht gut.
Die Wahrheit ist: Gutes Management ist der Schlüssel zu erfolgreichem Hundetraining.
Management bedeutet nämlich, dass du Situationen zu deinem Vorteil umgestaltest, damit dein Hund nicht die Gelegenheit bekommt, das unerwünschte Verhalten zu zeigen.
Management für Hunde, die bei einem bestimmten Auslöser in die Leine springen
Versuche kritische Situationen im Alltag so gut es geht zu vermeiden, oder so schnell wie möglich aufzulösen, während du mit einem Trainer genau diese Situationen trainierst.
Zum Beispiel: Wenn dein Hund Hunde anbellt die näher als 50 Meter sind, wechselst du rechtzeitig die Straßenseite und wartest hinter einem Auto, wenn dir ein Hund entgegenkommt.
Das ist essenziell, um das Verhalten deines Hundes zu ändern, denn je öfter dein Hund ein Verhalten zeigt, desto öfter und intensiver wird es gezeigt.
Wenn dein Hund den Auslöser (wie den fremden Hund) entdeckt hat, reagierst im Idealfall du bevor dein Hund zu aufgeregt ist, um auf dich zu hören. Das sind deine drei Optionen:
- lenke deinen Hund ab (mit einem Spielzeug, Leckerlisuche, einem Trick, was auch immer funktioniert), bis der Auslöser weit genug weg ist
- locke deinen Hund weg und bewege dich weg vom Auslöser
- Verdecke die Sicht zum Auslöser
Sollte dein Hund zu aufgeregt sein, um auf dich zu reagieren, ist er auch zu aufgeregt zu lernen. In solchen Situationen bleibt nur Schadensbegrenzung – verlasse die Situation so schnell wie möglich und belohne deinen Hund für jedes Verhalten das nicht bellend in der Leine hängen ist.
Das gute aus solchen Vorfällen ist: du kannst aus ihnen lernen! Schreibe dir zuhause auf was passiert ist und wie du die Situation nächstes Mal besser lösen könntest.
Wenn bestimmte Situationen immer wieder auftreten (wie, ein unangeleinter Hund rennt auf euch zu), kann es helfen aufzuschreiben was du tun wirst: wenn… dann werde ich…, wenn das nicht funktioniert, werde ich…. machen…, usw.
Sobald du dir so spezifische Strategien aufgeschrieben hast, wirst du in der Lage sein viel schneller zu reagieren, wenn es das nächste Mal ernst wird. Du hast die Situation nämlich bereits bis ins kleinste Detail durchgedacht.
Management für Hunde, die ständig ziehen
- wähle eine möglichst lange Leine - je länger die Leine, desto seltener erreicht dein Hund das Ende der Leine und desto seltener zieht er.
- starte den Spaziergang mit einer Schnüffelpause indem du Leckerlis auf dem Boden verteilst. Je weniger aufgeregt der Spaziergang beginnt, desto konzentrierter bleibt dein Hund.
- biete auch während dem Spaziergang Schnüffelpausen an.
- wähle die für deinen Hund unaufregenste Spaziergehstrecke.
- gehe den gleichen Weg hin und zurück
Der Graubereich
Es gibt unheimlich viel Hundezubehör, das verspricht deinem Hund beizubringen nicht mehr zu ziehen. Lass uns deshalb wiederholen: kein Equipment kann Training ersetzten und falls das doch
jemand behaupten sollte, wollen sie dich über den Tisch ziehen.
Dennoch, das richtige Equipment kann helfen – besonders weil es dem Menschen am Ende der Leine das Gefühl von Sicherheit vermitteln kann, dass dieser braucht um ruhig zu bleiben.
Im Folgenden werden wir dir zwei legale Hilfsmittel vorstellen, mit denen du deinen ziehenden Hund besser unter Kontrolle hast.
Bevor du allerdings überhaupt darüber nachdenkst ein solches Hilfsmittel zu benutzen, bedenke bitte:
- Hunde ziehen häufig, weil sie Stress haben. Versuche deshalb deine Spaziergehstrecken so zu wählen, dass dein Hund dabei entspannt ist. So zieht dein Hund weniger und ihr
könnt beide den Spaziergang genießen.
Benutze Hilfsmittel nur auf Strecken auf denen es nicht anders geht und die nicht vermeidbar sind (am weg zum Tierarzt, am Weg zum Park, usw.) - Diese Hilfsmittel kannst du nicht an langen Leinen verwenden. Aber nur ab einer Leinenlänge von mindestens 3 Metern oder im Freilauf kann dein Hund sich vollkommen natürlich und ungehemmt
verhalten. Kann er das nicht baut sich Frustration auf und weitere Verhaltensprobleme werden begünstigt.
Ermögliche deinem Hund also möglichst viele Spaziergänge, an denen du die folgenden Hilfsmittel nicht oder nur teilweise verwendest.
Anti-Zug-Geschirr/Erziehungsgeschirr
Anti Zug Geschirre sind aversiv – manche mehr, manche weniger.
Das am weitesten verbreitete Modell kann verantwortungsbewusst genutzt werden, auch wenn es kein Werkzeug erster Wahl sein sollte. Es funktioniert so: Die Leine wird an einem Ring auf der Mitte
der Brust befestigt – zieht der Hund an der Leine bringt er sich aus dem Gleichgewicht und wird automatisch etwas auf die Seite abgelenkt, auf der du gehst.
Diese Punkte solltest du bedenken:
- Nutze nur ein Anti-Zug-Geschirr, bei dem du auch eine Leine am Rücken einhängen kannst und nutze es mit zwei Leinen. Eine am Rücken und eine für den Notfall vorne auf der Brust.
- Nutze ein gutsitzendes H-, Y- oder X-Geschirr, bei dem die Schulterblätter deines Hundes frei bleiben (hier erfährst du warum). Die meisten Anti-Zug-Geschirre sind jedoch wie Norwegergeschirre designt.
- Belohne deinen Hund sobald er an lockerer Leine geht
- Anti-Zug-Geschirre belasten durch die ständigen Drehbewegungen die Wirbelsäule und Muskeln deines Hundes. Um Schäden zu vermeiden sollten Anti-Zug-Geschirre deshalb nur eine Übergangslösung bilden, bis dein Hund gelernt hat, auch an einem normalen Geschirr an lockerer Leine zu gehen.
Denn – wir können es nicht oft genug betonen – nur du kannst deinem Hund ein neues Verhalten beibringen, ein Stück Equipment kann nur eine mechanische Konsequenz auf eine Handlung bieten.
Es gibt auch Anti-Zug-Geschirre die sich bei Zug an der Leine zusammenziehen und dann unter den Achseln oder sogar im sehr empfindlichen Bauchbereich einschneiden. Diese sind ausgesprochen schmerzhaft für den Hund, können innere Verletzungen verursachen und sind deshalb in Österreich verboten, denn:
„Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.“
Das Halti® (Kopfhalfter)
Kopfhalfter sorgen unter Hundetrainern immer wieder zu Diskussionen, denn sie können, je nach Design und Nutzung schwere Schäden verursachen.
Mit einem Kopfhalfter ist es auch für Personen die schwächer als ihr Hund sind möglich, ihren Hund zu führen. Mit der Leine am Kopf kann der Hund nicht genug Kraft aufbringen, um gegen Entscheidungen die am anderen Ende der Leine getroffen werden anzukommen.
Für viele Hunde sind Kopfhalfter deshalb und weil sie auf der sehr empfindlichen Nase aufliegen, erstmal gewöhnungsbedürftig.
Du kannst ein Kopfhalfter also nicht einfach deinem Hund anziehen und losgehen, du musst deinem Hund erst beibringen es zu akzeptieren.
Die Trainingsschritte sind ähnlich wie beim Maulkorbtraining: du fängst an deinem Hund beizubringen seine Nase freiwillig in das Kopfhalfter zu stecken, und trainiertst Schritt für Schritt längere Akzeptanz, bis du das Kopfhalfter schließen, und den Kopf des Hundes mit minimal möglicher Kraft drehen kannst.
Je nach dem wie skeptisch dein Hund ist kann das einige Zeit dauern (Meist ist es sinnvoller diese Zeit für das Training deines Hundes gegenüber Problemauslösern, seines Stresslevels oder seines Leinengehens zu investieren).
Leinenrucks (ob absichtlich oder unabsichtlich) können bei Hunden schwere Schäden an der Wirbelsäule bewirken.
Mit Kopfhalftern können Hunde zum Teil ihre Bedürfnisse nicht ausleben bzw. ihrem Menschen nicht klar mitteilen.
Ängstliche Hunde können so z.B. an der Flucht vor Angstauslösern gehindert werden was ihre Angst verstärken und ihr allgemeines Wohlbefinden reduzieren wird.
Kopfhalfter sind folglich nur für Menschen geeignet die ihrem Hund körperlich unterlegen sind und sollten IMMER in Absprache mit einem Trainer benutzt werden.
Letztendlich können Kopfhalfter Menschen die nötige Sicherheit geben ihren Hund spazieren zu führen und ihn zu trainieren. Sie sollten eine zeitlich begrenzte Maßnahme sein, Ziel
ist es im Training soweit zu kommen, dass das Kopfhalfter nicht mehr notwendig ist.
Fazit
Es gibt Möglichkeiten und Strategien, wie du die Spaziergänge mit einem ziehenden Hund angenehmer gestalten kannst. Dazu gehören z.B. Rückdämpfer, längere Leinen und natürlich konsequentes
Training.
Nur wenn dein Hund zu stark ist um ihn bei Zug halten zu können, können, unter Anleitung deines Trainers, Anti-Zug-Geschirre oder Haltis eine vorrübergehende Lösung darstellen.
In den folgenden Blog-Beiträgen kannst du übrigens noch mehr über das richtige Equipment für deinen Hund erfahren:
Diese Beiträge sind in Zusammenarbeit mit Kutyaegyetem / The Dog Nerd entstanden.